World Child Forum

Der Friedensnobelpreis für alle Kinder dieser Welt

Ein Beitrag von Bernhard Hanel, Gründer des World Child Forum, veröffentlicht am 20. September 2025

Was wäre, wenn alle Kinder dieser Welt den Friedensnobelpreis erhielten? Diese einfache, fast kindlich wirkende Frage stieg in mir an einem Tag vor der Sonnenwende in Stockholm auf. An einem sehr lebendigen Nachmittag vor dem ehrwürdigen Grandhotel, wo jeden Dezember die Nobelpreisträger:innen mit ihren Familien wohnen. Kinderstimmen hallten über das Wasser, Boote zogen ihre Bahnen, irgendwo klirrten Tassen, als würde sich der Tag trotz der Weltlage nicht stören lassen. Es war genau dieser Kontrast – das Unbeschwerte und das Gewichtige zugleich – der mich innehalten ließ.

Was wäre also, wenn alle Kinder dieser Welt den Friedensnobelpreis erhielten?

Nicht ein einzelnes Kind, nicht ein Symbol. Sondern alle. Die zwei Milliarden Kinder, die auf dieser Erde leben. Auch jene, die in Kriegen verletzt oder getötet werden. Die hungern, schuften, schweigen müssen. Die keine Schule besuchen dürfen, kein Zuhause haben, keine Geborgenheit. Kinder, denen wir das verweigern, was selbstverständlich sein sollte: Sicherheit, Liebe, Teilhabe.

Was wäre, wenn wir ihnen allen den Friedensnobelpreis widmen – als Zeichen, dass wir endlich hinschauen? Nicht aus Mitleid, sondern aus Anerkennung. Nicht, weil sie schwach sind, sondern weil sie uns jeden Tag zeigen, worauf es ankommt. Denn Kinder besitzen eine angeborene „Friedenstauglichkeit“, diese zu fördern und zu würdigen, ist ein starkes Argument für eine Nominierung.

Kinder sind natürliche Friedensstifter. Sie suchen nicht den Konflikt. Man kann Kinder in den Krieg schicken, aber sie brechen ihn nicht vom Zaun. Wer das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt seiner Handlungen stellt, wird immer Frieden stiften. Denn das ist es, was Kinder brauchen. Eine friedliche Welt, in der sie wachsen und sich entwickeln können.

Im Krieg sind sie stets die ersten, die leiden. Und zugleich die ersten, die wieder Hoffnung spenden in dem Moment, wenn Konflikte enden. Weil man durch sie wieder eine Zukunft sieht, sich für sie der Wiederaufbau lohnt und sie es sind, die es künftig besser machen und versöhnen werden. Der Friedensnobelpreis für alle Kinder wäre keine romantische Verklärung, sondern würde uns allen eine existenzielle Frage stellen: Welche Welt wollen wir für die Kinder bauen?

Kinder leben, was uns oft abhandengekommen ist: Vertrauen, Neugier, Fantasie. Von unseren Kindern können wir lernen, die Zukunft nicht als Fortsetzung einer erschöpften Gegenwart zu denken, sondern wieder offen – mit einem Mut, der nicht weiß, was kommt, und gerade deshalb keine Angst hat.

Ein Friedensnobelpreis für alle Kinder wäre kein nostalgisches Märchen. Er wäre ein neues Maß. Kein Preis für Geleistetes, sondern ein Versprechen. Denn die Realität ist leidvoll: 152 Millionen Kinder schuften, statt zu lernen. 244 Millionen haben keinen Zugang zu Bildung. Mehr als 400 Millionen wachsen in Konfliktregionen auf. Wir müssen endlich aufhören, in Kategorien zu denken, die Kinder als „Zielgruppe“ betrachten, als „zukünftige Generation“. Sie sind keine spätere Hoffnung – sie sind Gegenwart. Und ihre Würde duldet keinen Aufschub.

Das World Child Forum – eine offene, kreative Komplementärbewegung zum Weltwirtschaftsforum – hat deshalb eine Initiative angestoßen, die mehr ist als ein Aufruf: Sie ist der Versuch, die Erzählung unserer Zeit zu ändern. Am 20. September, dem Weltkindertag, soll diese Idee verkündet werden. Bis zum 10. Dezember, der Verleihung des diesjährigen Nobelpreises, wollen wir eine globale Allianz aufbauen, um diesen Vorschlag einzureichen.

Ob das Nobelkomitee diesem Vorschlag folgen wird, ist nicht die entscheidende Frage. Entscheidend ist, dass wir sie stellen. Ein Nobelpreis für alle Kinder wäre kein politisches Statement, keine PR-Geste. Er wäre ein poetisches Leuchtzeichen. In einer Zeit, in der wir Werkzeuge schaffen, die mächtiger sind als je zuvor, brauchen wir nicht noch mehr Macht – sondern mehr Mut und Maß. Und was könnte ein gerechteres Maß sein als die Frage: Dient das, was wir tun, einer Welt, in der jedes Kind sein Potenzial entfalten kann und eine Zukunft hat? Eine Welt, in der ein Kind in Gaza, in Kiew, in Kampala oder in Köln gleichermaßen zählt? Nicht in Zahlen, sondern in seinem Dasein und in seiner Würde? Inmitten von Krisen und Technologien, von Profitlogiken und politischen Manövern besinnen wir uns auf den einfachsten Maßstab der Welt zurück: das Kind.

Nicht das ideale, das stille, das folgsame Kind – sondern das wirkliche, mit seinen Fragen, seinem Trotz, seiner Sehnsucht nach Sinn und Antworten auf jedes Warum. Dann könnten wir den Friedensnobelpreis 2026 nicht als Abschluss sehen, sondern als einen Beginn. Als Einladung an uns alle, neu zu denken, anders zu handeln und auch als Erwachsener wieder das Kind in sich zu entdecken und aus der so kraftvollen Kinderperspektive Welt neu zu gestalten.

Herzlichen Dank allen Unterstützenden – allen, die diese Frage in die Welt tragen. Bernhard Hanel

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Zwei Milliarden Kinder. Ein Friedensnobelpreis. Keine symbolische Geste – ein neuer Standard. Wenn jede Entscheidung fragen muss „Dient das den Kindern?", ändert sich alles. Politik. Wirtschaft. Gesellschaft.

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